Heute hatten wir unsere erste Wanderung geplant. Eine gute Autostunde nördlich von Vancouver im Squamish Valley gibt es viele tolle Wanderungen von leicht bis schwierig. Wir hatten uns für unsere erste Wanderung natürlich etwas leichteres ausgesucht – dachten wir. Aber denken und wandern haben nicht immer etwas gemein, und so wurde unsere erste Wanderung zu einem echten Abenteuer. Aber der Reihe nach.
Geplant hatten wir eine Wanderung mit insgesamt 7km und 650HM mit der Überschreitung der 3 Stawamus Gipfel. Das hört sich im ersten Moment nicht so schlimm an, aber die Krux liegt wie immer im Detail. Denn der erste Teil der Wanderung sind erst einmal hunderte nein tausende Stufen – manche davon komplett konstruierte Holztreppen, die unbarmherzig steil den Berg hinaufziehen. So wird das gesamte System Herz-Lunge und Gelenke gleich mal getestet, ob sie den Rest der Wanderung überstehen 😉
Für den zweiten Teil wurden wir schon einmal am Abzweiger vorgewarnt, dass der Weg sehr wild und nicht gepflegt ist. Kein Problem, als erfahrene Wanderer können wir so was oder? Und das war auch wirklich der schönste Teil, steil, wild und teilweise auch ein bisschen Orientierung, aber im großen und ganzen ein großartiges Erlebnis – so erreichten wir den Fuß von unserem ersten Gipfel – Peak No.3
Sozusagen der Beginn des dritten Teil, denn auf einmal ist man raus aus dem Wald und auf einem freien Granitrücken, über den man mehr oder minder in gerader Linie den Gipfel erklimmt – man lernt schon Vertrauen in seine Schuhe zu entwickeln. Belohnt wird man schließlich mit einem atemberaubenden Ausblick auf das gesamte Tal, den Fjord und die umliegenden Berge. Hier haben wir uns auch eine ausgiebige Rast gegönnt, bevor wir ins nächste Abenteuer starteten.
Nennen wir es mal Teil 4 – der Übergang von Peak 3 zu Peak 2. Hier durften wir zum ersten Mal uns mit dem Abstieg über steile Granitfelsen beschäftigen. Dazwischen auch noch weitere kleinere und größere Klettereinlagen – aber insgesamt noch im Rahmen des Machbaren.
Bis hierher dachten wir, wir hätten die Schwierigkeiten hinter uns – aber weit gefehlt – es fehlte ja noch der Abstieg vom zweiten Peak – nennen wir es mal Teil 5. Hier trafen wir auf ein deutsches Paar im Aufstieg, die von spannenden Dingen wie Leitern, Ketten, schmale Durchgängen und steilen nackten Fels berichteten. Und ja, da wurde es dann wirklich noch einmal herausfordernd – also in den Alpen hätte ich das als Klettersteig bezeichnet. Zum Glück waren wir gut ausgerüstet und schafften auch diesen Teil ohne größere Verluste.
Kurzer Einschub: wie in den Alpen bin ich auch hier immer wieder fasziniert, mit welchen Schuhen die Leute so gefährliche Wege in Angriff nehmen. Halbschuhe, Turnschuhe, Slipper, Barfußschuhe – alles dabei und manche quälen sich da schon ziemlich den Berg rauf und runter. Auch bei Kleidung – Jogginganzug, Rucksack, Handtasche und Wasserflasche in der Hand – gab es sehr unterschiedliche Ansichten, wie so etwas funktioniert. Und natürlich die Menschen, die an den steilsten Stellen bergab rennen – Wahnsinn!
Nach dem Klettersteig hätte es die Möglichkeit gegeben, über einen weiteren Eisenweg auch noch auf den ersten Peak zu steigen – aber da haben wir ganz entspannt abgewunken. Auch hier wieder sehr irritierend, dass Menschen, die zuvor im Abstieg in arge Bedrängnis geraten sind, diese Eisentritte, die frei an einer steilen Felswand zu finden sind, hinaufkraxeln – ohne Sicherung – mich wundert es immer wieder, dass nicht mehr passiert. Für uns gab es aber den letzten Akt – Abstieg über tausende Treppen, um die Belastungsgrenze der Knie noch einmal auszutesten.
Nach dieser vergnüglichen Reise in 6 Akten brauchten wir erst einmal eine Stärkung. Deshalb haben wir uns einen dicken Burger bei Flipside Burger in Squamish gegönnt. Das ist ein Food Truck, der an eine Microbrauerei angeschlossen ist – cooles Konzept. Auf dem Weg zurück war Stau angesagt, deshalb haben wir noch einen Stopp in Horseshoe Bay gemacht, um den Tag mit Kaffee, Donut und Hafenblick ausklingen zu lassen. Morgen gehen wir es noch einmal ruhiger an, bevor es am Dienstag wieder in die USA geht.
Hallo ihr beiden, da komme ich schon beim Lesen ins Schwitzen und frage mich, wie dann die als anspruchsvoll gekennzeichneten Routen wohl aussehen. Erholt euch gut von dem anstrengenden Ausflug! Hoffentlich haben die vielen Stufen bergauf und bergab keinen allzu großen Muskelkater oder anderes Ungemach hinterlassen.
Liebe Grüße und weiterhin viele tolle Erlebnisse 🙋♀️
Hallo Bergwanderer, Kanada unterscheidet sich in vielen Dingen von Europa. Was bei uns eine anspruchsvolle Bergwanderung mit Klettereinlagen genannt wird, ist in Kanada eine normale Bergwanderung. Durch eure vielen Wanderungen in den Bergen habt ihr schon gute Erfahrungen gesammelt und seid für so eine Tour auch richtig ausgerüstet. Schlimm ist, wenn unerfahrene Touristen ohne vernünftige Schuhe usw. in Not geraten und gerettet werden müssen, oder gar verunglücken.
Von dieser anstrengenden Tour habt ihr wundervolle Bilder mitgebracht, die die Wildnis und die Schwierigkeiten der Strecke erahnen lassen.
Erholt euch wieder gut und freut euch auf neue, weniger anstrengende Abenteuer.
Ganz viele herzliche Grüße aus Neuenstadt am Hohberg.