Tadschikistan – Einblicke in eine andere Welt

Tadschikistan – Einblicke in eine andere Welt

Heute haben wir uns einen Tagesausflug von Tashkent nach Chudschand in Tadschikstan gebucht. Theoretisch sind die beiden Orte nur 160km und eine Grenze voneinander entfernt – aber der Weg ist viel weiter – sowohl kulturell als auch körperlich 😉

Teil I – Transfer Hotel bis zur Grenze

Unser Fahrer stand Punkt 8 vor der Tür mit einem riesigen chinesischen Elektroauto von Leapmotor. Seine mangelnden Englisch- und Deutschkenntnisse wurden durch das komplette Wissen über deutsche Bundeskanzler, Bundesligavereine und Fußballspieler ersetzt und so fanden fröhliche Aufzählungen von der deutschen Weltmeisterelf 2014 stat. Auf jeden Fall ein sehr angenehmes Fahrt und Zeitgefühl. Leider braucht man für die knapp 100km bis zur Grenze fast 2h, weil der Verkehr in Tashkent doch sehr heftig ist, auf der Landstraße nur 60-70 erlaubt sind und die Radarfallen doch dicht an dicht stehen.

Teil II Die Grenze – durch 7 Tore musst du gehen.

Unser Fahrer brachte uns ja nur bis zur Grenze. Von da aus muss man den ganzen Weg durch 7 Tore und mehr als 1,5km zu Fuß absolvieren, bis man auf der anderen Seite von seinem tadschikischen Guide in Empfang genommen wird. Am Anfang glaubt man ja gar nicht, was da auf einen zukommt. Aber der Fahrer hat einen Zettel dabei, auf dem noch einmal ausführlich beschrieben wird, dass man nicht unterwegs anhalten soll, sondern erst wenn man jemand mit seinem Namensschild sieht endlich angekommen ist.
Also schlängelt man sich durch verschiedene Tore, Gepäck und Passkontrollen bis man erst einmal aus Usbekistan raus ist. Dann gibt es einen Golfcartservice für 1 Dollar, der einen zur nächsten Grenze bringt. Da werden die Abstände zwischen den verschiedenen Abfertigungsbereiche noch viel weiter. Also es war wirklich faszinierend, wie lange der Prozess dauerte.

Teil III Fahrt nach Chudschand

Auf der anderen Seite wartete dann unser englischsprachiger Guide mit neuem Fahrer auf uns und brachte uns in einer Stunde schließlich an unserer Ziel. Unser Reiseführer war unheimlich gut ausgebildet und hat uns schon in der ersten Stunde so viel über das Land und Leute erzählt, dass wir uns da schon nicht alles merken konnten. Wichtig ist vor allem, dass es ein sehr wasserreiches Land ist, dass stark von der Landwirtschaft geprägt ist.

Teil IV Stadtführung

In gerade mal 4 Stunden hat uns Hussein alle Highlights der Stadt gezeigt. Angefangen mit dem Stadtmuseum, der Freitagsmoschee, dem Markt bis hin zum Kulturpalast Arbob. Wir haben wirklich viel gelernt. Vor allem die Bedeutung von Alexander dem Großen für die Stadt. Im Stadtmuseum ist ein ganzer Raum mit modernen Mosaiken dem Leben und Wirken Alexander des Großen gewidmet, der die Stadt je nach Deutungshoheit erobert oder gegründet hat 😉

Mittagessen gab es in einem sehr netten Restaurant mit kleinen Pavillons und Privaträumen für Familienfeiern.

Nach der Freitagsmoschee, die vor allem mit ihrer prunkvollen Ausstattung glänzt, ging es in den Markt. Der Markt ist noch in seiner originalen sowjetischen Baustruktur aus dem Jahre 1964 erhalten und gehört zu den größten Märkten Zentralasiens. Und was ist das für ein besonderer Ort – im ersten Stock gibt es alles mögliche an Haushalts-, Schönheits, und Elektronikwaren zu kaufen was das Herz begehrt. Das Prunkstück ist aber die große Halle, die von vielen tollen Ständen dominiert wird!
Brot spielt auch hier eine zentrale Rolle: an vielen Ständen werden unterschiedliche Brote angeboten. Dabei lernten wir auch, dass man bei jeder Einladung mindestens 3 oder 4 Brote mitbringen sollte – sehr spannend.

Zum Abschluss ging es noch zum Arbob – einem Kulturpalast, der dem Zarenpalast aus St. Petersburg nachempfunden wurde. Dieses Prunkstück hat sich der Chef der hiesigen Kolchose in den 50ern hinbauen lassen. Dieser wird von den Einheimischen als wahrer Held gefeiert, vor allem weil er ein gestandenes Mannsbild von 180kg auf 1,8m Größe darstellte!

Ich könnte hier noch Stunden über alles Schreiben, was wir während der Führung erfahren haben – aber das würde den Rahmen deutlich sprengen.

Teil V – Zur Grenze oder 150 Mann für meinen Pilav?

Auf der Rückfahrt hat uns unser Reiseführer ausführlich über die tadschikischen Hochzeitsbräuche erzählt. Also nicht nur theoretisch, sondern wie seine Hochzeit vor wenigen Jahren abgelaufen ist. Erst einmal sind die Hochzeiten arrangiert und Braut und Bräutigam treffen sich höchsten 3-4 Mal vorher, um abzuklopfen, ob man sich so mag.
Wenn das geklärt ist, hat der Bräutigam 4 Wochen Zeit die Hochzeit zu planen und umzusetzen. In Deutschland undenkbar. Und dabei gibt es dann schon sehr einzigartige Bräuche. Zum Beispiel lädt der Bräutigam am Hochzeitsmorgen 150 Männer zum Morning Pilav ein. Dafür werden so 35kg Reis und 35Kg Fleisch gebraucht. Abends wird dann mit 150 gemischten Gästen gefeiert. Also keine Ahnung, wo ich 150 Mann für meinen Morning Pilav auftreiben soll. Im Gegensatz zu anderen Kulturen muss hier auch die Brautfamilie den Bräutigam von den Freunden abkaufen – sehr seltsam 😉

Teil VI Grenze

Seit dem Morgen hat sich nichts geändert – sind immer noch 1,5km und Unmengen an Wegen und Leuten. Eine Grenzbeamtin hat unseren Pass bestaunt als wäre er aus einer anderen Welt – hmm wahr wahrscheinlich auch so 😉

Teil VII

Rückfahrt nach Tashkent – besondere Vorkommnisse? Ja, der Fahrer musste unterwegs anhalten und 5 Minuten in einer Moschee seinen Abendgebet verrichten.
Ansonsten viel Verkehr in Tashkent, so dass wir die letzten Meter zu Fuß gegangen sind – sonst wären wir nie angekommen.

Fazit

Sehr anstrengend – aber auch sehr lohnend – habe ich das nicht gestern auch über Minarette geschrieben?
Also wirklich ein Einblick in eine andere Welt mit einem wirklich guten Reiseführer, der für uns die Stadt und das Land zum Leben erweckte.

Ach ja, natürlich fielen wir vor Ort schon sehr auf und so wurden wir als Highlight des Tages auch gebeten, auf dem Klassenfoto einer Grundschulklasse mitzuwirken- damit sie eine Erinnerung daran haben, an den Tag an dem sie Menschen aus Germania getroffen haben.

Ausblick

Morgen geht’s nach Kasachstan!

One thought on “Tadschikistan – Einblicke in eine andere Welt

  1. Hallo Fremdlinge in einer anderen Welt.
    Genau das macht eure Reise so interessant und spannend, ihr erlebt immer wieder völlig neue Situationen in denen ihr eure eigene Anpassungsfähigkeit testen könnt. Mit eurem Erscheinen bringt ihr bei den Einheimischen den normalen Alltag durcheinander. Ihr geht in die Geschichte ein, als erste Germanias, die jemals in dem Ort gesichtet wurden. Ich hoffe ihr habt unser Land würdevoll vertreten.
    Spaß beiseite, ihr habt auch viel Neues kennen gelernt: die Hochzeitsbräuche dort und das Mitbringen von mehreren Broten bei einem Besuch!! Da bleiben wir lieber bei unseren Bräuchen und bringen Blumen oder Schokolade mit.
    Herzliche Grüße aus Germania

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